Navigations Button

Aktuelles

01. April 2020

Presseartikel: Schule in Zeiten von Corona: Ein Account für die Hausaufgaben

 

Mit Sprachnachrichten und Wochenblättern organisieren Lehrer und Schüler den Unterricht daheim.

Die Schulen in Hessen sind seit mehr als zwei Wochen geschlossen. Das stellt viele Familien auch in Bad Vilbel und Karben vor große Herausforderungen. Eltern sind zur Unterstützung des teils komplexen Lernstoffes gern gesehen, sollten aber vermeiden, sich als Ersatzlehrer aufzuspielen. Während der Freistellungsphase laufen etwa an der John-F.-Kennedy-Schule (JFK) in Bad Vilbel Unterricht und Wissensvermittlung via Internet und die Lern- und Arbeitsplattform „WTKedu“ für den Wetteraukreis.

René Di Rienzo kennt als Vater und Lehrer beide Seiten. Sein Sohn Antonio (12) besucht die sechste Klasse des Georg-Büchner-Gymnasiums. „Er ist mit Aufgaben wunderbar versorgt“, sagt der Vater. Sohn Luca (9) geht in die dritte Klasse der Saalburgschule. „Er hat seine Aufgaben teils als Ausdruck am letzten Schultag erhalten.“

Seit 2006 ist René Di Rienzo Lehrer für Deutsch und Religion an der JFK, einer Haupt- und Realschule mit Förderstufe. Er und seine Kollegen kommunizieren mit ihren Schülern über „WTKedu“, Whatsapp und Telefon. Lehrer stellen auf die Lernplattform Arbeitsaufträge und Material für ihre Schüler ein. Sie können sehen, welcher Schüler sich wann welche Unterlagen heruntergeladen oder erledigte Aufgaben eingestellt hat. Die beiden für IT an der JFK zuständigen Lehrer haben für jeden der rund 570 Schülerinnen und Schüler einen Account angelegt, in den sie und ihre Lehrer sich einloggen können. „Es läuft von Beginn an bestens.“

René Di Rienzo betreut als Klassenlehrer eine achte Hauptschulklasse. Für die hat er im Fach Deutsch zur Bearbeitung eine Geschichte von Till Eulenspiegel eingestellt und ihnen einen Link zur ARD-Mediathek geschickt, in der sie sich eine Verfilmung des Stoffes ansehen können. „Meine Schüler haben vier Stunden Deutsch pro Woche. In diesem zeitlichen Umfang sollten sie die gestellten Aufgaben erledigen“, sagt der Klassenlehrer. Vergangene Woche bereiteten sich die Achtklässler auf ihre Praxisprüfung vor. Alle müssen eine Präsentation zum Thema Ausbildung halten. An Material haben die Schüler ein Arbeitsblatt plus kurze Filme erhalten, die durch tägliche Sprachnachrichten des Lehrers ergänzt werden. „Es vergeht keine Stunde ohne Rückmeldung eines Schülers. Die Kommunikation reißt nicht ab“, freut sich der Lehrer. Er meldet sich zeitversetzt bei seinen Schülern zurück, ist für sie ganztägig erreichbar. „Die Kommunikation ist an der JFK rege und die Motivation der Schüler und Lehrer gut“, bilanziert René.

„Es läuft besser und konstruktiver als gedacht“, fasst Ursula Hebel-Zipper die ersten Erfahrungen mit der neuen Unterrichtsform zusammen. Die 115 Lehrer der Kurt-Schumacher-Schule (KSS) in Karben melden sich bei der Leitung regelmäßig zurück, informieren darüber, welche Aufgaben sie den 1320 Schülern gestellt haben. Inzwischen haben sich alle Schüler auf ihrem „WTKedu“-Account angemeldet und begriffen, dass sie beim Klassenchat dabei sein müssen. Neben der Lernplattform des Wetteraukreises gibt es noch weitere. Digital versendet werden Wochenpläne, Workbooks, E-Mails und für die Oberstufenschüler Links für Youtube-Filme.

Nach Rückmeldungen von Eltern ohne Drucker wurden die Arbeitsblätter so gestaltet, dass sie auch ohne Ausdruck bearbeitet werden können. „Die Kollegen lassen sich von den Schülern Rückmeldungen geben, es funktioniert sehr gut“, sagt die Schulleiterin.

Trotz der positiven Erfahrungen ist das „Distance Learning“ nur eine vorübergehende Notlösung. Vor allem in Fächern wie Mathematik und Naturwissenschaften benötigen die Schüler auch eine direkte Wissensvermittlung durch den Lehrer. „Die Neuerarbeitung eines Wissensstoffes ist zwar für Oberstufenschüler möglich, aber auf Dauer nicht für die unteren Klassenstufen.“

In der Selzerbachschule stellten die 16 Lehrer am Wochenende vor Schulschließung die Unterrichtsmaterialien zusammen, informierten Eltern und fragten ab, welche der 250 Schüler eine Betreuung in der Schule benötigen. Es sind vier. Das Kollegium erstellte Wochenpläne, vor allem für Deutsch, Mathematik und Sachunterricht. Diese werden an die Elternbeiräte gemailt, die sie an die Eltern versenden. Eltern ohne PC, Internet und/oder Drucker erhalten Ausdrucke, per Post oder in den Briefkasten eingeworfen. „Für die Kinder sind die Wochenpläne nichts Neues. Bei der Bearbeitung hat jede Familie ihren eigenen Rhythmus“, sagt Rektorin Petra Matthes-Ahäuser.

Sie legt Wert darauf, dass nicht nur intellektuelles Wissen vermittelt wird. „Es ist wichtig den emotionalen Kontakt zu den Grundschülern zu halten und soziale Werte zu betonen.“ Die Lehrer halten täglich Kontakt zu ihren Schülern. Einmal in der Woche meldet sich die Rektorin bei ihren Schülern und berichtet über Neues aus der Schule wie die Reparatur eines Klettergerüstes.

Lesen Sie den Originalartikel von Christine Fauerbach in der Frankfurter Rundschau vom 01.04.2020 hier.

 

Zurück zur Übersicht